von Tabea & Luzia
Ein Nachmittag im Januar. Das Rascheln des Kastanienlaubes erfüllt den Raum zwischen dem Waldboden und den Baumkronen. Vier Füsse und vier Hundepfoten bewegen sich talwärts. Über uns krächzt ein Eichelhäher. Auf einer leichten Erhebung bleibe ich stehen, lausche ins Tal, das vor uns liegt. Neige den Kopf leicht zur Seite. «Ridiii», rufe ich ins Tal hinein. Stille. «Hier sind sie nicht», sage ich. Keine Geissenglocken sind zu hören. Wir gehen weiter.
«Kennst du das Buch ‹Geflochtenes Süssgras›?» fragt sie. «Es geht darum, wie wir unsere Beziehung zur Natur wiederherstellen und heilen können.» Wir waten weiter durch das tiefe Kastanienlaub. Ich nicke. «Als wir Kinder waren, streiften wir endlos im Wald umher. Wir umgaben uns mit Bäumen, Pflanzen, Tieren, waren mittendrin in all diesem Lebendigen. Wir waren Teil davon, es war unser Zuhause. Dann wurden wir älter – wir lernten, was wir tun sollen, was wir nicht dürfen. Wir lernten, sauber und anständig zu sein. Wie wir als Erwachsene zu leben und zu arbeiten haben, trennt uns von dieser Lebendigkeit. Und jetzt merken wir, wie sehr sie uns fehlt, diese Verbindung zum Wald, zu den Bäumen, zum Lebendigen. Es ist eine tiefe Sehnsucht in uns. Wir gehen zurück in die Natur und suchen genau das, dieses verlorene Band, diese verlorene Beziehung. Und wir werden sie langsam, Stück für Stück, wieder knüpfen können.» In der Ferne ist ganz, ganz leise eine Geissenglocke zu hören – und das Rauschen des Baches im Tal.
Ein Gespräch zwischen Luzia, Vorstandsmitglied von BioEtico und Tabea, die zurzeit auf einem Biohof im Tessin lebt und arbeitet.
Buchtipp von uns beiden: Geflochtenes Süssgras, Robin Wall Kimmerer, Aufbau Verlag 2023.