von Roland Lenz
Gerade hat eine Untersuchung der Klimabilanz von 5 führenden Bioweingütern aus ganz Europa ergeben, dass unser Betrieb um 87% tiefere Emissionen hat als der Europäische Referenzwert (Durchschnitt) und klar am besten abschneidet. Der Hauptgrund für dieses herausragendes Ergebnis, liegt an der besonders effektiven Umsetzung der Kohlenstoffspeicherungsmassnahmen. Die wichtigste Rolle dabei spielt das umfangreiche Vitiforst-Programm, mit einer hohen Baumdichte pro Hektare, sowie der sehr geringe Diesel- und Hilfsstoffbedarf. In der Gesamtbilanz lagern wir massiv mehr Kohlenstoff ein als emittiert. Wir sind also mehr als klimaneutral!! Das macht Mut und motiviert zusätzlich…
Wandern Karin und ich durch ein intaktes Stück Natur, staunen wir immer von neuem, wie sich die natürlichen Lebenskreisläufe, je nach Standort und Mikroklima, eingestellt haben. Dann beginnen wir zu realisieren, wie gut diese langfristigen Lebensbeziehungen und Verbindungen zuverlässig funktionieren, wie sie ineinandergreifen, harmonisierend und stabilisierend wirken.
Diese Erkenntnis hat uns bewogen, unsere Weingärten zu renaturieren. Weg von der Rebmonokultur hin zu vielfältigen Lebensgemeinschaften. Die ersten Schritte dazu erfolgten 2008 mit den ersten Biodiversitätsstreifen. Sehr schnell stellte sich die standortgerechte Beikrautflora ein. Einheimische Stauden, Wildobst-Gehölz, Fruchtbäume als Hoch- oder Halbstamm, 550 verschiedene PIWI-Traubensorten, Getreide, Ahorn, Eichen, Pappeln, ec. sind wir gestalterisch wirkend seit 12 Jahren gezielt am Pflanzen. Kombiniert mit Ruderalflächen, Holzhaufen, Lebenstürme, Steinhaufen, Wassertümpel, Trockensteinmauern, Fledermaussaufstellen, die ergänzend wirken.
Und die Natur dankt es: Zuerst kamen die Insekten zurück. Unglaublich viele! Vom grünen Heupferd, zu den verschiedensten Schmetterlingen und Libellen, Schlupfwespen, Spinnen, Florfliegen, Hummeln und Wildbienen, Käfer und Ameisen… . Dann flogen die Vögel wie Turmfalke, Maisen, Neuntöter, Goldammer, Wiedehopf, ec. ein. Dann enddeckten die Wildtiere wie Rehe, Hasen, Mauswiesel, Igel, Füchse und Dachse diese Naturinseln. Es folgten die Reptilien wie Eidechsen und Ringelnattern. Sogar einheimische Schildkröten legen ihr Gelege in unseren Weingarten ab. Und dann flogen die Fledermäuse ein, die regulierend wirken und so unseren Trauben und Früchten ganz natürlich schützen.
Parallel fing es im Boden wieder an zu krabbeln und zappeln an. Horcht man in unsere Böden hinein hört man dieses fressen und gefressen werden eindrücklich!
Wir sind unglaublich dankbar, dass das Leben in unsere Weingärten zurück kehrte ist und aktiv mithilft, hochwertige Lebensmittel zu erzeugen. Von der Tafel- zur Weintraube, vom Hafer zum Buchweizen, von der Hagebutte zur Kornelkirsche, von der Haselnuss zur Wallnuss…
Und das nur, weil wir unseren Betrieb nach dem Vorbild der Natur zu gestalten versuchen: Vielfalt statt Einfalt!
Leider gefällt das der Landwirtschaftspolitik mit seinen Rahmenbedingen ganz und gar nicht. Im Gegenteil: die Kombination aus Rebbau Kataster und Direktzahlungssystem ist für unser enkeltaugliches Anbausystem toxisch. Denn das eine schliesst das andere aus: nur in der Zone des Rebbau Katasters darf man Weintrauben zur Alkoholproduktion anbauen. Und zwar nur Weintrauben! Jeder Quadratmeter der von einem Baum, von einem Strauch, oder von anderer Biodiversität in dieser Zone besetzt wird, scheidet aus dem Rebkataster aus und vermindert die Fläche der Weinerzeugung! Die Monotonie ist also Voraussetzung zur Weinerzeugung…
Gerne würden wir unsere Weingärten als Permakulturgärten bezeichnen und mit dem Kulturcode 725 deklarieren. Leider ist das unmöglich, da wir ja dann keinen Wein mehr erzeugen könnten…
Also was ist zu tun?
Dank der Renaturierung nimmt uns die Natur heute einen Grossteil der Arbeit ab. Zudem ist unser auf Vielfalt basierendes Anbausystem unglaublich stabil, hinsichtlich Ernteerträge und Qualität. Diese positiven Aspekte bestärken uns umso mehr, diese enkeltaugliche Landbegleitung weiter zu entwickeln! Gleichzeitig werden wir versuchen, die veralteten politischen Rahmenverbindungen zu erneuern!
So hoffen wir, dass andere zukunftsorientierte Weinbaubetriebe den gleichen Weg begehen, damit wir gemeinsam diese dringende Erneuerung herbeiführen können.
In der Gemeinschaft liegt die Kraft!
Im Februar 2025 / Roland Lenz / Bioweingut Lenz
550 verschiedene Piwi Traubensorten? Ist das möglich?
Da wir in der PIWI Kreuzzüchtung tätig sind, bauen wir rund 50 verschiedene PIWI Traubensorten im grösseren Stil (mehr als 800 Pflanzen) und rund 500 im Versuchsanbau (4 bis 20 Pflanzen). Also eine Traubensortendiversität pur…